“Wie funktioniert RNAi?” – Das ist eine Frage, die sich ForscherInnen
weltweit schon seit Jahren stellen. Nun ist einer Forschungsgruppe am Campus
Vienna Biocenter rund um Prof. Renée Schroeder (MFPL) und Dr. Javier
Martinez (IMBA) ein bedeutender Schritt zur Beantwortung dieser Frage
gelungen. Die Ergebnisse der Arbeit werden heute im international
renommierten Wissenschaftsjournal CELL veröffentlicht und unterstreichen die
Bedeutung der österreichischen Forschung im RNA-Feld, die auch vom
Wissenschaftsfonds FWF intensiv unterstützt wird.
RNA-Interferenz (RNAi) ist ein natürlicher Abwehr- und Steuerungsmechanismus
der Zelle, der über die Eliminierung unerwünschter RNA-Moleküle
funktioniert. Sein Potenzial für den therapeutischen Einsatz wurde im
vergangenen Jahr durch die Verleihung des Nobelpreises für Physiologie oder
Medizin anerkannt. Tatsächlich befinden sich derzeit bereits die ersten
Medikamente in der klinischen Prüfung, die auf diesem Mechanismus beruhen.
Trotzdem ist dieser Prozess bei weitem noch nicht bis in alle Details
aufgeklärt – und bietet somit noch genügend Spielraum zur Optimierung darauf
beruhender medizinischer Therapien.
NO RISC. NO FUN.
Genau aus diesem Potenzial hat nun eine Gruppe am Campus Vienna Biocenter
mit der Klärung wesentlicher Details zur Effizienz der RNA-Interferenz
geschöpft. Dazu der Projektleiter, Dr. Stefan L. Ameres von den Max F.
Perutz Laboratories (MFPL), Department für Biochemie der Universität Wien:
“Ein entscheidender Schritt der RNA-Interferenz ist die Bindung der zu
eliminierenden RNA durch den so genannten RISC, den RNA-Induced Silencing
Complex. Über die anschließende Zerstörung der Ziel-RNA durch den RISC weiß
man recht viel – über die davor erfolgende Entscheidung, welche RNA gebunden
wird und wie genau dies geschieht, nur wenig. Zur Klärung dieses Vorgangs
konnten wir gemeinsam mit dem Institut für Molekulare Biotechnologie der
Österreichischen Akademie der Wissenschaften (IMBA) einen wichtigen Beitrag
leisten.”
Zunächst konzentrierte sich das Team dabei auf die Charakterisierung des
Einflusses der RNA-Struktur: Variationen eines RNA-Zielmoleküls wurden
hergestellt, in denen die RISC-Bindungsstellen aufgrund von
Strukturunterschieden zunehmend weniger gut zugänglich waren. Zum Ergebnis
des Experiments meint Dr. Ameres: “Das war eine wirklich klare Sache! Je
weniger gut die Bindungsstelle zugänglich war, desto weniger effizient
erfolgte die Eliminierung der Ziel-RNA durch den RISC. Unsere
Schlussfolgerung aus diesen Daten ist, dass der RISC keine Funktionalität
besitzt, die es ihm erlaubt, RNA-Moleküle strukturell zu ändern – eine
wichtige Erkenntnis zur effektiven Anwendung dieses Prozesses.”
Ebenso grundlegend für das Verständnis von RNA-Interferenz war ein weiteres
Ergebnis: Die Bindungsstärke zwischen Ziel-RNA und dem RISC muss einen
bestimmten Schwellenwert überschreiten, damit der weitere Prozess der
RNA-Eliminierung eingeleitet wird. Dieses Ergebnis deutet tatsächlich an,
dass RISC RNA eher zufällig bindet und erst die Stärke dieser Bindung die
Entscheidung über das weitere Schicksal der RNA besiegelt. “Man kann sich
das so vorstellen, dass RISC während der Bindung seiner Ziel-RNA eine
Kontroll-Instanz durchlaufen muss, um sicherzustellen, dass wirklich nur
bestimmte RNAs zerstört werden”, so Dr. Ameres.
KARRIERECHANCE “DOKTORATSKOLLEG”
Die Veröffentlichung dieser Ergebnisse im Journal CELL bestätigt nicht nur
die Qualität der RNA-Forschung an den Max F. Perutz Laboratories (einer
gemeinsamen Einrichtung der Universität Wien und der Medizinischen
Universität Wien), sondern auch die Ausbildung junger WissenschafterInnen im
Rahmen von Doktoratskollegs. Denn für Dr. Ameres ist diese Veröffentlichung
auch ein Höhepunkt seiner nun abgeschlossenen PhD-Ausbildung im Rahmen eines
solchen Kollegs. Tatsächlich wurde im Juni 2007 am Campus Vienna Biocenter
sogar ein spezielles Doktoratskolleg “RNA Biology” etabliert, das die
Spitzenstellung der dortigen RNA-Forschung nachhaltig sichern wird. Eine
Stellung, die auch durch die Molekularbiologin Prof. Renée Schroeder
mitetabliert wurde. Sie nutzte das Preisgeld des ihr 2003 vom
Wissenschaftsfonds FWF zuerkannten Wittgensteinpreises zur Unterstützung der
Arbeit von Dr. Ameres und leistete so einen wichtigen finanziellen Beitrag
zur Kontinuität der RNA-Forschung am Campus Vienna Biocenter.
Bild und Text ab Freitag, 13. Juli 2007, 09.00 Uhr MEZ verfügbar unter:
http://www.fwf.ac.at/de/public_relations/press/pv200707-2de.html
Originalpublikation: Molecular Basis for Target RNA Recognition and Cleavage
by human RISC. S.L. Ameres. J. Martinez, R. Schroeder. CELL (2007).
doi:10.1016/j.cell.2007.04.037
Wissenschaftlicher Kontakt:
Dr. Stefan L. Ameres
Max F. Perutz Laboratories
Universität Wien
Campus Vienna Biocenter 5
1030 Wien
T +43 / 1 / 4277- 54693
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Der Wissenschaftsfonds FWF:
Mag. Stefan Bernhardt
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Redaktion & Aussendung:
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Wien, 13. Juli 2007